Stromsparen ist in aller Munde.
Dieser Artikel ist eine Hilfestellung, um am Stammtisch auch einmal ein anderes Thema als die GEZ Gebühren zu bemühen.
In der smarten Zukunft brauchen wir uns da zum Glück keine Gedanken zu machen: Smart Meter messen den Stromverbrauch in Haus und Garten und schalten die smarten Haushaltsgeräte dann an, wenn es besonders günstig ist. Durch V2G (Vehicle to Grid) werden Lastspitzen im Netz abgemildert, indem Elektroautos durch smarte Protokolle auch Strom in das Netz abgeben. V2H (Vehicle to Home) lässt den Strom aus den Batterien der Elektroautos Lastspitzen im Haus abfedern. Und durch smarte Echtzeitstromtarife regelt der Markt schon die Nachfrage.
All diese Entwicklungen sind höchst spannend. Vielleicht will ich aber nicht warten. Und villeicht ist das Problem viel trivialer anzugehen. ‘Keep it simple stupid’ und so.
Prinzipiell ist es ja recht einfach. Es gilt nur 2 Regeln zu befolgen:
1. Verbrauche dann Strom, wenn Strom im überfluss bereit steht.
2. Verbrauche dann Strom, wenn er besonders resourcenschonend erstellt wird.
Früher war das ja recht einfach zu beachten. Da zB bis Mitte des letzten Jahrzents Atom- und Kohlekraftwerke den Großteil der Stromerzeugung in Deutschland stemmten, war die Antwort stets: Nutze den Strom nachts, da dort immer ein Stromüberschuss besteht (Manch einer erinnert sich sicherlich noch an Nachtspeicheröfen oder Ähnliches). Und der Strommix änderte sich auch nicht signifikant im Tagesverlauf.
Doch wie sieht es eigentlich heute aus mit seinem fluktuierenden Strommix aus Kohle, Wind, Solar, Gas und Wasser? Wann schade ich der Umwelt am Wenigsten mit meinem Stromdurst?
Deutschland erzeugte die letzten Jahre mehr Strom als es selbst verbrauchte. Nach den Strommarktdaten der Bundesnetzagentur war Deutschland im Jahr 2022 erneut Netto-Stromexporteur mit insgesamt 26,28 TWh. Der Nettoexport ist im Vergleich zu 2021 sogar um 51,1 Prozent gestiegen. Auch für das Jahr 2023 prognostiziert das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE knapp 9 TWh Netto Überschuss:
Wer den Stromflüssen innerhalb Europas gerne in Echtzeit zusehen möchte, der wird bei Electricity Maps fündig.
Für die Analyse des Stromüberschusses im jeweiligen Tagesverlauf hingegen eignen sich die Daten von Smard.de und dem Agorameter von Agora-Energiewende, bei denen nicht nur die Stromerzeugung der verschiedenen Stromquellen im Tagesverlauf aufgeschlüsselt ist, sondern auch der Verbrauch, so dass man sehr einfach visuell feststellen kann: wann immer die Stromerzeugungskurve die Stromverbrauchskurve übersteigt, ist Strom im Überfluss vorhanden. Darüberhinaus zeigen die Diagramme zusätzlich die Prognose der Erzeugung und des Verbrauchs an:
Man kann jetzt natürlich täglich checken, zu welcher Uhrzeit die Prognose günstig erscheint und individuell handeln. Wenn man sich allerdings die Tage im Jahresverlauf genauer ansieht, so kann man auch einfach eine stark vereinfachte Daumenregel anwenden:
An den meisten Tagen wird in Deutschland zwischen 9 Uhr und 15 ein Überschuss an Strom produziert.
Aber wie sieht es nun genau bei der Nachhaltigkeit des Netzstromes aus? Bei Smard.de und dem Agorameter von Agora-Energiewende lässt sich das deutschlandweit ablesen. Bei Electricity Maps sogar europaweit (interessant, beispielsweise wenn man Cloudressourcen resourcenschonend nutzen möchte).
Wer eine regionale Betrachtung der Stromerzeugung bevorzugt, der kann auf die App ‘Ökoheld’ von E.ON und dem Bayernwerk zurückgreifen. Nach Angabe der eigenen Postleitzahl werden dort Empfehlungen abgegeben, wann für die jeweiligen Tage “Ökozeiten” vorherrschen werden:
Diese Werte unterscheiden sich natürlich stark nach Standort und Jahreszeit.
Schließlich habe ich mir noch die Daten einer nahegelegenen 9kW Solaranlage nebst 7kW Speicherakku angesehen. Durch die vermehrte Installation von Solaranlagen mit Pufferspeicher fragte ich mich, nach welcher Verzögerung der Sonnenstrom der Solaranlage in das Netz eingespeist wird, also wie schnell sich normalerweise der Akku füllt. Da dies natürlich ein einzelnes sehr individuelles Setup darstellt, ist die Aussagekraft der Datenanalyse nur sehr begrenzt. Gleichzeitig war ich sehr erfreut, zu beobachten, dass dieses Setup die Daumenregel von oben stützt: In 200 Tagen im Jahr 2022 war der Akku bis 9:00 mit Überschussstrom vollständig geladen und Strom wurde in das Netz eingespeist.
Daraus folgt: Im Home Office die Spülmaschine und Waschmaschine erst nach 09 Uhr aber vor 15 Uhr anschalten und dann bei beruhigenden Hintergrundgeräuschen die nächsten Cloudressourcen deployen. Wie? Mit einem Job bei Functional :-)